Gesetzentwurf zur SPNV-Strukturreform wirft grundsätzliche Fragen auf

SPNV-Strukturreform

Kommunale Strukturen unter Druck

Der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) unterstützt die Zielsetzung des Landes NRW, den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) effizienter zu organisieren, sieht aber erheblichen Konkretisierungsbedarf bei Rechtsfragen, Finanzierung und Rollenverteilung.

Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV) hat auf Basis des Koalitionsvertrags eine Reform der Aufgabenträgerschaft für den SPNV angestoßen. Dafür ist eine Novellierung des ÖPNVG NRW erforderlich. Ziel der Reform ist eine effizientere Organisation des SPNV – diese Zielrichtung teilt und unterstützt der NWL ausdrücklich. Der aktuelle Kabinettsentwurf muss sich jedoch an diesem Ziel messen lassen.

Im Rahmen der Verbändeanhörung wurde der NWL aufgefordert, Stellung zum Entwurf zu nehmen. In einer gemeinsam mit anderen NRW-Aufgabenträgern eingereichten Stellungnahme hat der NWL erheblichen Handlungsbedarf aufgezeigt. Mit der geplanten Gesetzesänderung würden bewährte kommunale Strukturen aufgehoben und durch neue Gremien unter stärkerem Landes­einfluss ersetzt. Gleichzeitig blieben Verantwortung und Risiken weiterhin in kommunaler Trägerschaft. Damit entstünde ein Ungleichgewicht zwischen Einflussnahme und Verantwortung, das kritisch zu bewerten ist. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Zwangszusammenschlüsse kommunaler Gebietskörperschaften sowie gegen Zustimmungsvorbehalte zugunsten des MUNV machen grundlegende Änderungen am Gesetzentwurf erforderlich.

Die integrierte Verkehrsgestaltung, insbesondere die Übergänge zwischen schienen- und straßengebundenem Personennahverkehr, ist für ein funktionierendes Gesamtsystem entscheidend. Die Zuordnung dieser Aufgabe auf regionaler Ebene ist wegen der Sachnähe sinnvoll. Mit dem vorliegenden Entwurf wäre eine integrierte Verkehrsgestaltung jedoch kaum umsetzbar, da die Zuständigkeit der Zweckverbände für regionale Nahverkehrspläne gestrichen würde und lediglich Hinwirkungsaufgaben verbleiben.

Finanzierung und Grundangebot in der Kritik

Positiv bewertet der NWL die Absicht des Landes, die Risiken der SPNV-Finanzierung für Kommunen zu begrenzen. Geplant ist ein neues „SPNV-Grundangebot“, das künftig von der SPNV-Aufgabenträgerorganisation Schiene.NRW sichergestellt werden soll – auch in Krisenzeiten. Der Umfang dieses Grundangebots beträgt jedoch nur 70 % des heutigen Netzes, was angesichts der aktuellen Verkehrssituation unzureichend ist.

Die vorgesehenen 1,5 Mrd. Euro reichen bereits heute nicht aus, um den Status quo des Schienenangebots zu sichern. Deshalb sollte auch der Ausbau ergänzender Schnellbusverkehre in das SPNV-Grundangebot einbezogen werden – insbesondere dort, wo sie SPNV-ferne Räume erschließen oder den SPNV funktional ersetzen. Zudem sind erhebliche Transformationskosten für die Reform zu erwarten, die im Kabinettsentwurf nicht vom Land übernommen werden.

Aus Sicht des NWL bedarf der Gesetzentwurf insbesondere bei Finanzierung, kommunaler Mitsprache und Aufgaben der regionalen Ebene dringend der Präzisierung. Im Sinne einer praktikablen Strukturreform, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, setzt sich der NWL konstruktiv für ein zielführendes Ergebnis ein und zeigt sich zu allen noch zu klärenden Sachverhalten dialogbereit.