Gleichgerichtete Leitmedien?

Florian Warweg
Florian Warweg referierte beim Linken Forum Paderborn zum Zustand bundesdeutscher Medien.

Journalist Florian Warweg warf beim Linken Forum einen kritischen Blick auf den Zustand der bundesdeutschen Medien.

Im gut besuchten „Studio“ der Kulturwerkstatt am Hein-Nixdorf-Ring referierte und diskutierte Florian Warweg, Redakteur bei der reichweitenstärksten unabhängigen Online-Zeitung „Nachdenkseiten“ zum aktuellen Zustand der bundesdeutschen Medien. Leitende Fragen dabei waren: „Wie wird Realität heute ‚gemacht‘? Wie funktioniert Manipulation? Gibt es Alternativen?“

Warweg stellte zu Beginn fest, dass insbesondere in den letzten Jahren eine ungeheure Unzufriedenheit mit der Verfasstheit der Medien in diesem Land zu beobachten sei. Laut einer aktuellen repräsentativen Allensbach-Umfrage hätten 44 Prozent der befragten Bundesbürger das Gefühl, dass „man seine Meinung nicht mehr frei äußern kann.“ Bei derselben Umfrage im Jahr 2011 habe der Wert noch bei 26 Prozent gelegen. Eine ebenfalls repräsentative Umfrage von NTV sei zu dem Ergebnis gelangt, dass „54 Prozent der Bundesbürger sogenannten etablierten Medien nicht mehr vertrauen.“

In seinem aktuellen Buch „Mainstream“ habe der Leipziger Medienwissenschaftler Uwe Krüger das Verhältnis zwischen Alpha-Journalisten und Politik als Symbiose, bestimmt vom Tauschgeschäft „Information gegen Publizität“, beschrieben. „Der Journalist bekommt Informationen und verschafft im Gegenzug seiner Quelle (oder deren Anliegen) Öffentlichkeit, eine gefährliche Nähe, die die demokratische Funktion der Medien untergrabe“, so Warweg.

Anhand der klassischen Medienanalyse von Noam Chomsky und Edward Herman aus dem Jahre 1988 erläuterte Warweg das so genannte „Propagandamodell“. Hauptthese sei, dass die Massenmedien „wirkungsvolle und mächtige ideologische Institutionen sind, die eine systemerhaltende Propagandafunktion erfüllen.“ Sie stützten sich auf die Kräfte des Marktes, verinnerlichte Annahmen über die Realität und eine Selbstzensur. Dabei bestehe aber kein offener Zwang. Die leitenden Medien erfüllten „in kapitalistischen Demokratien sozusagen einen gesellschaftlichen Konsens im Sinne der wirtschaftlichen und politischen Eliten“.

Am Beispiel der extremen Medienkonzentration hierzulande verdeutlichte Warweg die ökonomische und meinungssteuernde Dominanz weniger Verlagshäuser: „Axel Springer SE, Bauer Media Group, Bertelsmann, Hubert Burda Media, die Funke Mediengruppe und die Holtzbrinck-Verlagsgruppe“ dominierten nicht nur den Zeitungsmarkt, sondern auch die journalistische Ausbildung in diesem Land, so Warweg.

Die Aufgabe der Medien als „Vierte Gewalt“, als Kontrolleur der Politik, insbesondere der Exekutive, werde angesichts dieser zunehmenden finanziellen Abhängigkeiten auch vermehrt von Regierungszahlungen geradezu ad absurdum geführt.

In der breiten Diskussion im Anschluss über eineinhalb Stunden wurde die extreme Einseitigkeit in der leitmedialen Berichterstattung etwa über den Krieg in der Ukraine oder die Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandämie moniert. Der öffentliche Meinungskorridor verenge sich immer weiter, was eine ernsthafte Gefahr für den Fortbestand der Demokratie bedeute, lautete ein mehrfach geäußerter Befund Im Publikum.

Foto: Linkes Forum